11.05.22
Warum wird Leinöl bitter und was man dagegen tun könnte
Wissenschaftler finden heraus, warum Leinöl bitter wird – und schlagen vor, was dagegen zu tun wäre
Frisch gepresstes Leinöl hat ein angenehm nussiges, mildes Aroma. Leider neigt das gesunde, Omega-3-Fettsäuren-reiche Öl aber dazu, bereits nach wenigen Wochen Lagerung bitter zu werden – deshalb wird es auch meist in kleinen Flaschen verkauft.
Frisch gepresstes Leinöl hat ein angenehm nussiges, mildes Aroma. Leider neigt das gesunde, Omega-3-Fettsäuren-reiche Öl aber dazu, bereits nach wenigen Wochen Lagerung bitter zu werden – deshalb wird es auch meist in kleinen Flaschen verkauft.
Stets in der Ölmühle sollten Sie frisches Leinöl kaufen.
bitteres Leinöl: Unschön, aber nicht gefährlich
Woher diese bittere Fehlnote kommt und ob sie womöglich auf etwas Unbekömmliches im Öl hindeutet – darüber wurde an Küchentischen und in Kochforen schon viel spekuliert. Mitunter hört man, der Geschmack hätte etwas mit giftiger Blausäure zu tun.
Dass das nicht stimmt, ist allerdings schon lange klar: Zwar enthalten Leinsamen – genauso wie Bittermandeln – den Stoff Amygdalin, aus dem beim Verzehr gut gekauter bzw. geschroteter Samen in der Tat kleine Mengen Blausäure freigesetzt werden. Das ist kein Problem, solange Sie nicht schüsselweise Leinsaat essen – das Bundesinstitut für Risikobewertung hat in einer Studie mit Freiwilligen die nach dem Verzehr Amygdalin-haltiger Nahrungsmittel resultierenden Blausäurespiegel im Blut gemessen und festgestellt, dass bis zu 15 Gramm Leinsamen pro Mahlzeit absolut unbedenklich sind. Vor allem aber ist der Amygdalin-Gehalt von Leinsamen für das aus ihnen gepresste Öl unerheblich: Amygdalin ist nämlich wasserlöslich und findet sich daher im Leinöl nicht mehr.
Gefährlich ist bitteres Leinöl also nicht. Aber es schmeckt eben auch nicht gut.
Lebensmittelchemiker finden den Bitterstoff
Nun meinen Wissenschaftler der Technischen Universität München, herausgefunden zu haben, welche Substanz im gelagerten Leinöl so bitter schmeckt. Und sie haben sogar einen Vorschlag, wie das Problem zu lösen wäre.
Die Lebensmittelchemiker um Tatjana Lang und Studienleiter Maik Behrens gingen Hinweisen nach, dass weniger die üblicherweise angeführte Oxidation hoch ungesättigter Fettsäuren als vielmehr bestimmte andere Stoffe das Leinöl bitter machen könnten. Dabei handelt es sich um Peptide, also kleine Eiweiße – genauer gesagt sogenannte Cyclolinopeptide: ringförmige Moleküle aus acht bis neun Aminosäuren. Auch diese können oxidiert, d.h. durch Kontakt mit Sauerstoff chemisch verändert werden.
Mit modernen Analysemethoden bestimmte das Forscherteam zunächst die Mengen der verschiedenen Cyclolinopeptide und ihrer Oxidationsprodukte in frischem und in acht Monate altem Leinöl. Danach wurde die Wirkung der gefundenen oxidierten und nicht-oxidierten Cyclolinopeptide auf die menschlichen Geschmacksrezeptoren untersucht. Es zeigte sich, dass vor allem ein bestimmtes Cyclolinopeptid in seiner oxidierten Form Bitterrezeptoren aktivierte. Das "schuldige" Peptid enthielt die schwefelhaltige Aminosäure Methionin, die unter Sauerstoffeinwirkung sehr rasch zu Methioninsulfoxid wird.
Ein besseres Leinöl: durch Züchtung oder aus der Gen-Werkstatt
Dass nur ein einziger Stoff – und noch dazu einer, der für das "Funktionieren" des Öls nicht allzu essentiell zu sein scheint – den bitteren Geschmackseindruck auslöst, ist eine gute Nachricht. So eröffnet sich nämlich ein Weg, die Lagerfähigkeit von Leinöl zu optimieren. Die TU-München-Forscher meinen, dass es nicht allzu schwer sein dürfte, das bittere Peptid aus dem Öl zu entfernen bzw. seinen Gehalt im Öl wenigstens zu senken.
Das könnte ganz klassisch durch züchterische Maßnahmen geschehen: Es gibt bereits Flachssorten, die weniger bittere Cyclolinopeptide enthalten. Solche Sorten – wie zum Beispiel die Sorte "Flanders" – könnten gezielt weitergezüchtet werden. Ein zweiter Weg wäre der Griff zur "Gen-Schere": Die Gene, die im Flachs den Bauplan für die Cyclinopeptide enthalten, sind bekannt. Eventuell könnten sie in einer neuen, gentechnisch veränderten Flachssorte entfernt oder inaktiviert werden.
Einstweilen hilft auch die richtige Lagerung von Leinöl
Bis der neue Superflachs da ist, wird es sicher noch ein paar Jährchen dauern. Bis dahin können Sie sich mit einfachen Kauf- und Lagerungs-Tipps behelfen: Sie sollten nur frisches Leinöl aus einer Ölmühle kaufen, dessen angegebene Haltbarkeitsdauer noch mindestens zwei Monate beträgt – optimal ist frisch gepresstes. Angebrochenes Leinöl wird am besten im Kühlschrank gelagert. Wenn Sie mehrere Flaschen Leinöl kaufen möchten – vielleicht gibt es ja ein unschlagbares Sonderangebot in der Ölmühle Ihres Vertrauens – können Sie die Extraflaschen einfrieren und so die Haltbarkeit um ca. 10 Monate verlängern.
Was immer gegen bitteres Leinöl hilft: Schnell verbrauchen und öfter mal leckere Kartoffeln mit Leinöl-Quark essen!
bitteres Leinöl: Unschön, aber nicht gefährlich
Woher diese bittere Fehlnote kommt und ob sie womöglich auf etwas Unbekömmliches im Öl hindeutet – darüber wurde an Küchentischen und in Kochforen schon viel spekuliert. Mitunter hört man, der Geschmack hätte etwas mit giftiger Blausäure zu tun.
Dass das nicht stimmt, ist allerdings schon lange klar: Zwar enthalten Leinsamen – genauso wie Bittermandeln – den Stoff Amygdalin, aus dem beim Verzehr gut gekauter bzw. geschroteter Samen in der Tat kleine Mengen Blausäure freigesetzt werden. Das ist kein Problem, solange Sie nicht schüsselweise Leinsaat essen – das Bundesinstitut für Risikobewertung hat in einer Studie mit Freiwilligen die nach dem Verzehr Amygdalin-haltiger Nahrungsmittel resultierenden Blausäurespiegel im Blut gemessen und festgestellt, dass bis zu 15 Gramm Leinsamen pro Mahlzeit absolut unbedenklich sind. Vor allem aber ist der Amygdalin-Gehalt von Leinsamen für das aus ihnen gepresste Öl unerheblich: Amygdalin ist nämlich wasserlöslich und findet sich daher im Leinöl nicht mehr.
Gefährlich ist bitteres Leinöl also nicht. Aber es schmeckt eben auch nicht gut.
Lebensmittelchemiker finden den Bitterstoff
Nun meinen Wissenschaftler der Technischen Universität München, herausgefunden zu haben, welche Substanz im gelagerten Leinöl so bitter schmeckt. Und sie haben sogar einen Vorschlag, wie das Problem zu lösen wäre.
Die Lebensmittelchemiker um Tatjana Lang und Studienleiter Maik Behrens gingen Hinweisen nach, dass weniger die üblicherweise angeführte Oxidation hoch ungesättigter Fettsäuren als vielmehr bestimmte andere Stoffe das Leinöl bitter machen könnten. Dabei handelt es sich um Peptide, also kleine Eiweiße – genauer gesagt sogenannte Cyclolinopeptide: ringförmige Moleküle aus acht bis neun Aminosäuren. Auch diese können oxidiert, d.h. durch Kontakt mit Sauerstoff chemisch verändert werden.
Mit modernen Analysemethoden bestimmte das Forscherteam zunächst die Mengen der verschiedenen Cyclolinopeptide und ihrer Oxidationsprodukte in frischem und in acht Monate altem Leinöl. Danach wurde die Wirkung der gefundenen oxidierten und nicht-oxidierten Cyclolinopeptide auf die menschlichen Geschmacksrezeptoren untersucht. Es zeigte sich, dass vor allem ein bestimmtes Cyclolinopeptid in seiner oxidierten Form Bitterrezeptoren aktivierte. Das "schuldige" Peptid enthielt die schwefelhaltige Aminosäure Methionin, die unter Sauerstoffeinwirkung sehr rasch zu Methioninsulfoxid wird.
Ein besseres Leinöl: durch Züchtung oder aus der Gen-Werkstatt
Dass nur ein einziger Stoff – und noch dazu einer, der für das "Funktionieren" des Öls nicht allzu essentiell zu sein scheint – den bitteren Geschmackseindruck auslöst, ist eine gute Nachricht. So eröffnet sich nämlich ein Weg, die Lagerfähigkeit von Leinöl zu optimieren. Die TU-München-Forscher meinen, dass es nicht allzu schwer sein dürfte, das bittere Peptid aus dem Öl zu entfernen bzw. seinen Gehalt im Öl wenigstens zu senken.
Das könnte ganz klassisch durch züchterische Maßnahmen geschehen: Es gibt bereits Flachssorten, die weniger bittere Cyclolinopeptide enthalten. Solche Sorten – wie zum Beispiel die Sorte "Flanders" – könnten gezielt weitergezüchtet werden. Ein zweiter Weg wäre der Griff zur "Gen-Schere": Die Gene, die im Flachs den Bauplan für die Cyclinopeptide enthalten, sind bekannt. Eventuell könnten sie in einer neuen, gentechnisch veränderten Flachssorte entfernt oder inaktiviert werden.
Einstweilen hilft auch die richtige Lagerung von Leinöl
Bis der neue Superflachs da ist, wird es sicher noch ein paar Jährchen dauern. Bis dahin können Sie sich mit einfachen Kauf- und Lagerungs-Tipps behelfen: Sie sollten nur frisches Leinöl aus einer Ölmühle kaufen, dessen angegebene Haltbarkeitsdauer noch mindestens zwei Monate beträgt – optimal ist frisch gepresstes. Angebrochenes Leinöl wird am besten im Kühlschrank gelagert. Wenn Sie mehrere Flaschen Leinöl kaufen möchten – vielleicht gibt es ja ein unschlagbares Sonderangebot in der Ölmühle Ihres Vertrauens – können Sie die Extraflaschen einfrieren und so die Haltbarkeit um ca. 10 Monate verlängern.
Was immer gegen bitteres Leinöl hilft: Schnell verbrauchen und öfter mal leckere Kartoffeln mit Leinöl-Quark essen!
Quelle: https://pubs.acs.org/doi/abs/10.1021/acs.jafc.2c00976